Dungeness

Dungeness

“Kerniger” Naturschutz

Was ist Dungeness? Ein Ort und ein sehr ungewöhnliches Naturschutzgebiet von  außergewöhnlicher Qualität. Direkt im Schatten zweier Kernkraftwerke. Jeweils gebaut mit einer Sondergenehmigung. Bedarf es noch eines Beweises mehr, wie verrückt die Welt sein kann?

Obgleich Dungeness sicher auch sehr gut ohne diese riesigen Gebäude zur Stromerzeugung ausgekommen wäre, werden sie dort einfach als gegeben hingenommen, im Alltagsleben einfach ignoriert. Der Blick der Naturschützer fällt auf den abgewandten Kiesstrand, wie wohl auch der der Ruhe suchenden. Hütten und kleine Häuser, von denen einige schon bessere Tage gesehen haben müssen, stehen vereinzelt an der Straße und an den Schienen der Schmalspurbahn. Überall Müll, der sich nicht so einfach entsorgen lässt: alte Maschinen, von denen keiner weiß, wozu sie mal gut waren,  sperriger Kram und ausgediente, heruntergekommene Boote. Unwillkürlich beginnt man sich zu fragen, will ich hier wirklich einen Nachmittag am Strand ausspannen?

Aber ja doch. Dungeness ist ein Lehrort. Ein Lehrort für die Augen. Hier kann man gezielt üben, nur das Schöne sehen zu wollen. Gelingt dies, wird Dungeness sogar zum Lernort. Denn nach wie vor ist die Gegend ein Naturschutzgebiet, wenn auch ein sehr gewöhnungsbedürftiges. Also, einmal den Blick für das Wesentliche geschärft, entfaltet die einzigartige Küstenlandschaft so langsam ihre Geheimnisse, ihren ganz eigenen Charme – auch wenn der Wind dort recht scharf ins Gesicht blasen kann.

Und wer plötzlich von einer Biene gestochen wird oder einfach nur eine sehen sollte, kann dem Gedanken nachhängen, dass es sich hier möglicherweise um einen Honig-Wikinger handelt. Denn in Dungeness wurden ganz gezielt taffe und robuste Bienen aus Schweden angesiedelt, die so called Swedish short haired bumble bee. Die war schon mal da, galt dann aber irgendwann auf der ganzen Insel  als ausgestorben. 2013 wurde ein erneuter Versuch unternommen, sie in England sesshaft zu machen, in der Hoffnung, dass sie sich diesen Lebensraum erschließt. Immerhin, das Nahrungsangebot ist sehr hoch. 600 zum Teil in England sehr selten vorkommende Wildpflanzen geben sich dort ein Stell-Dich-Ein.

Die unwirkliche Szenerie von Dungeness lockt Aussteiger und Künstler an, die sowieso nur das sehen, was sie wollen, beziehungsweise, was sie für sich als wichtig erachten. Einer von ihnen war Derek Jarman, möglicherweise Großbritanniens visionärster Filmemacher des vergangenen Jahrhunderts. Er war ein Mann, der für seine Ideale kämpfte. Als Regisseur, Buchautor, Künstler und auch als Gärtner. Als Regisseur bereicherte er die Welt um Filme wie Edward II und Wittgenstein. Sein Thema die Homosexualität in Biografien bedeutender Menschen. Er selbst starb 1994 an den Folgen seiner 1986  entdeckten Aids-Erkrankung. Sein kleines Dungeness-Haus mit dem mehr zufällig als geplant angelegten Garten, bestehend aus zahlreichen Pflanzen zwischen Treibholz und Metalschrott,  lassen Jahr für Jahr Fans und Bewunderer nach Dungeness kommen, unter ihnen waren auch Stars wie David Bowie oder die Musiker der 80er-Jahre-Band Petshop Boys, mit denen er erfolgreich Musikvideos drehte. Haus und vor allem der kleine Garten sind  gut einzusehen. Der Garten wurde von Jarmans Lebensgefährte über die Jahre gepflegt und erhalten.

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